Gesamte Prozesskette im Blick
Das exzessive Wechselspiel von Versuch und Irrtum am Prüfwerkstück ist nach Überzeugung des erfahrenen Compoundeurs und Maschinenentwicklers trotz dieser Komplexität jedoch „alles andere als zwangsläufig“. Vielmehr liege das Kernproblem in der traditionell getrennten Betrachtung von Teilprozessen wie etwa Compoundieren und Spritzgießen. „Spezialisten verfügen jeweils über Erfahrungen und Daten in ihrem jeweiligen Fachgebiet“, resümiert der Unternehmer, „aber es gibt keine Instanz, die diese Kompetenzen bündelt und für Anwender über die gesamte Prozesskette hinweg systematisch und leicht nutzbar macht.“
Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum (PAZ) in Schkopau und dem Magdeburger Automatisierungsspezialisten Ematik arbeitet der Merseburger gegenwärtig an einer Lösung, die genau diese Lücke schließen soll. Wie die funktioniert, zeigt er auf einem handelsüblichen Tablet in seiner Werkhalle: Per Fingertipp wählt er aus einer umfangreichen Liste von Materialeigenschaften vier aus, die für einen aktuellen Fertigungsauftrag von Bedeutung sind, in diesem Falle Steifigkeit, Gewicht, Bruchdehnung, Glanzgrad. Mit Schiebereglern justiert er die jeweiligen Werte und klickt auf „Suche“.
Das Tablet spuckt im Handumdrehen zwei Materialmischungen aus, die die gewünschten Vorgaben erfüllen. Doch nicht nur das: Nach der Auswahl eines der beiden Materialvorschläge präsentiert die App namens POLYKUM DigiLab eine übersichtliche, schematische Darstellung der Spritzgießmaschine mit angedocktem Direktverarbeitungsmodul, auf der Putsch den Auftrag abarbeiten wird. Den einzelnen Baugruppen hat das Programm optisch übersichtlich Parameter zugeordnet, die für optimale Produktionsergebnisse entscheidend sind: von der Masse- und Werkzeugtemperatur über die Schneckendrehzahl bis hin zu Spritzdruck und Kühlzeit.