Seit November veröffentlichen Sie jeden Freitag einen neuen Podcast unter der Überschrift „Fibers at Work“. Mit welcher Resonanz?
Bis Mitte Februar wurden unsere bis dahin veröffentlichten zwölf Folgen bei Spotify insgesamt etwa 900 Mal gehört, weitere 500 Mal bei Youtube. Und das ohne große Werbung, zu einem so speziellen Thema – das macht uns Mut für weitere Sendungen!
Konnten Sie genauer herausfinden, wer da zuhört?
Die Nutzung ist anonym, wir erheben dazu keine Daten. Aber wir wissen aus dem persönlichen Feedback: Träger unserer Forschungsprojekte hören ebenso hinein wie Kunden, Partner und auch Wildfremde. Über LinkedIn, E-Mail oder Telefon kontaktierten uns alte, aber auch neue Bekannte, um Gehörtes weiterzudiskutieren oder Fragen loszuwerden. Es ergaben sich auch erste neue Projekte, etwa mit einer Firma, die auf Mallorca druckluftgetriebene Fahrzeuge baut und sich für unsere Leichtbau-Lösungen interessierte. Daraus entstand zum Beispiel unser jüngster Podcast Nummer 14. Er erscheint am Freitag, dem 10. März.
Wie entstand die Idee, Ihre Arbeit in Podcasts zu erklären?
Naturfasern stoßen gerade auf ein stark wachsendes Interesse. Die Menschen, die auf diesem Gebiet nach Informationen oder technischen Lösungen suchen, haben aber ganz unterschiedliche Zugänge und Interessen. Wir begegnen dem Kunststoffingenieur bei unserer Arbeit ebenso wie dem Landwirt, dem Maschinenbauer oder dem Schüler. Wir suchten deshalb nach Möglichkeiten, diese sehr breite, kaum eingrenzbare Zielgruppe auf möglichst „leichte Weise“ mit verlässlichen, fundierten Informationen abzuholen. Bei einem Brainstorming brachte meine Kollegin Elisabeth van Delden, die zuvor bereits Podcasts produziert hatte, dieses Medium ins Spiel.
Welche Vorteile haben Podcasts gegenüber anderen Kommunikationswegen?
Nach meiner persönlichen Erfahrung – ich höre selbst gern Podcasts – gibt es vor allem drei Gründe, die diese Hörstücke aus dem Internet zu einer angesagten Informationsquelle für viele machen. Erstens: sie sind ein Nebenbei-Medium, ähnlich wie das Radio. Ob beim Autofahren, beim Kochen oder Joggen: wohl jeder kann selbst an terminreichen Tagen immer ein Zeitfenster dafür finden – selbst wenn beispielsweise zum Zeitunglesen keine Zeit bleibt. Zweitens: Im Gegensatz zum Radio kann ich Thema, Autor, Machart und so weiter selbst wählen. Deshalb verknüpfen Podcasts meistens Neugier mit Erkenntnisgewinn und einem gewissen Hörvergnügen. Und drittens kann sich im Gegensatz zu den Drei-Minuten-Beiträgen im Radio ein Podcast auch mal deutlich mehr Zeit nehmen, um tiefer in ein Thema einzusteigen. All das kommt uns sehr entgegen.
Sie haben mehr als ein Dutzend Folgen Ihrer Serie dem Thema Hanf gewidmet. Da gab es offensichtlich eine Menge Erklärungsbedarf?
Und nicht nur beim Hanf. Unser Team hat zu allererst einen Themenplan erarbeitet. Wir waren selbst überrascht, wie viel es zu den unterschiedlichen Faserarten zu sagen gibt. Deshalb entschlossen wir uns, jeder Materialgruppe eine eigene Staffel zu widmen und mit Hanf zu starten. In jeder Folge betrachten wir einen anderen Aspekt des Hanfs als Industrierohstoff. Mit einem Experten der ersten Stunde haben wir zum Beispiel die Geschichte der Hanfverarbeitung erkundet, mit Landwirten die ökologischen Potenziale der Pflanzen ausgeleuchtet und mit Entwicklern Anwendungen wie Skier aus Faserverbundmaterialien oder Hanffaservliesstoffe für Autos vorgestellt.
Ihre mit dem BIOPOLYMER Innovation Award ausgezeichneten FUSE UD Tapes waren ebenfalls Thema einer Folge…
Ja, denn UD Tapes sind schon lange gängig, um leichte und trotzdem hochfeste Bauteile zu erzeugen. UD steht dabei für unidirektional, also in eine Richtung orientierte Fasern, die in ein Trägermaterial eingelassen sind und somit hohe Kräfte kompensieren können. Das Neue an den FUSE Tapes ist: Statt den bislang zumeist genutzten Glas- oder Carbonfasern verwenden wir ausschließlich Naturfasern wie zum Beispiel Hanf oder Flachs, die regional und – was neu ist – trotzdem preiswert produziert werden können. Als Trägermaterial nutzen wir statt konventionellem Plastik komplett biobasierte, wo immer möglich obendrein bioabbaubare Kunststoffe. Die Tapes können somit vollständig regenerativ erzeugt und im Idealfall sogar kompostiert werden. Diese neuen Möglichkeiten kennen selbst viele Produktdesigner nicht. Deshalb waren die FUSE UD Tapes ein Thema für unsere Podcasts.
Wie aufwändig ist die Produktion der Beiträge?
Technisch ist das erstaunlich einfach. Wir haben uns gute Mikrofone gekauft und Webcams, ansonsten nutzen wir vorhandene Laptops. Einer unserer Werksstudenten ist Hobby-Musiker. Er hat den Jingle produziert. Die Moderation übernehmen Elisabeth van Delden und ich als Duo. Das hat sich bewährt, weil wir etwas unterschiedliche Blickwinkel einbringen und uns die Bälle zuspielen können. Pro Folge laden wir uns ein bis zwei Gäste ein, die zu dem jeweiligen Thema etwas zu sagen haben. Die bisherigen Beiträge sind jeweils zwischen 15 und 30 Minuten lang. Die Produktion kostet mit Organisation, inhaltlicher Vorbereitung, Aufnahme, Schnitt und Upload etwa das Zehn- bis Zwanzigfache an Zeit. Aber es macht auch Spaß und wir lernen selbst jede Woche dazu und interessante Menschen kennen – sei es in den Gesprächen oder auch durch die Reaktionen danach.
Wie geht es nach dem Thema Hanf weiter?
In der zweiten Staffel werden wir uns mit Wolle beschäftigen, danach mit exotischen Fasern wie Sisal, Ananas oder Kokos. Dann sehen wir weiter.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal auf den BIOPOLYMER Innovation Award zurückkommen: Eine wesentliche Motivation für POLYKUM, den Preis vor vier Jahren ins Leben zu rufen, lag darin, die vielen interessanten Neuentwicklungen im Bereich der Biokunststoffe einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Hat das im Falle von SachsenLeinen funktioniert?
Ohne Frage. Wir haben nach der Preisverleihung im Juni festgestellt, dass der Traffic auf unserer Website massiv anstieg. Es gab auch mehrere Medienberichte, in Fachmagazinen ebenso wie beim MDR, darüber hinaus interessante Firmenkontakte. Das hat uns ermutigt, uns bei weiteren Preisen zu bewerben, denn der BIOPOLYMER Award war für uns diesbezüglich eine Premiere. Zum Zweiten war der Preis ein wesentlicher Impuls, weitere neue Ideen in der Kommunikation zu suchen. Der Podcast ist ein Ergebnis davon.