BIOPOLYMER Innovation Award: Erleben Sie die Preisträger des Jahres 2023 auf Video!

Die BIOPOLYMER Innovation Awards 2023 wurden auf dem Internationalen Kongress „BIOPOLYMER – Processing & Moulding“ am 13. Juni feierlich überreicht. Die Jury ehrte in diesem Jahr erstmals drei Preisträger aus Deutschland, nachdem in den zurückliegenden Jahren zum Beispiel auch Innovationen aus Belgien, Brasilien, Finnland und Italien ausgezeichnet wurden. Wer die Gewinner sind und wie die Juroren ihre Entscheidungen begründen, erfahren Sie hier.

Bühne frei für frische Ideen: Dr. Stefan Fischer (Mitte) nahm den Hauptpreis 2023 im Namen des TITK Rudolstadt entgegen. Den zweiten Preis entführten Janine Wanke und Felix Wollenhaupt (links) von der Green Elephant GmbH. Über die dritte Trophäe freute sich Dr. Johannes Fuchs (3.v.r.) von der SoBiCo GmbH mit den Moderatoren Dr. Martin Bussmann und Michael Walter (rechts). Die Preise übergab POLYKUM-Vorstand Peter Putsch (3.v.l.).

Der mit 2.000 Euro dotierte Hauptpreis

geht an das Thüringische Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung Rudolstadt (TITK) e.V. für die Entwicklung des vollständig biobasierten und bioabbaubaren Heißklebers Caremelt®. Heißkleber finden sich heute in sehr vielen Produkten und haben längst auch den Heimwerkermarkt erobert. Bis zu einem Fünftel aller heutigen Klebstoffe fallen in diese Kategorie! Dennoch war bislang kein vollständig biobasierter und bioabbaubarer Schmelzklebstoff am Markt verfügbar. Was umso bemerkenswerter ist, als Verklebungen sich aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nur höchst selten wieder aus Produkten herauslösen lassen. So enden Klebstoffe – zum Beispiel durch Produktnutzung und Verschleiß, unsachgemäße Entsorgung oder andere Umstände - nicht selten als Mikroplastik in der Umwelt. Die Forscher und Entwickler des TITK haben sich also einem Problem zugewandt, dessen Lösung so überfällig wie technisch herausfordernd ist! Der Mut des TITK-Teams um Projektleiter Andreas Krypczyk, diese Herausforderung anzunehmen und das Ergebnis beeindruckten die Jury gleichermaßen: Caremelt® wird, wenn es in die Umwelt gelangt, durch Mikroorganismen und natürliche Abbauprozesse wieder vollständig Teil natürlicher Kreisläufe. Darüber hinaus ist es als komplett biobasierter Klebstoff CO2-neutral. Die Eigenschaften des Klebers und sein Anwendungsprofil lassen sich, unter Beachtung der etwas geringeren thermischen Belastbarkeit, mit denen etablierter Schmelzkleber vergleichen. Die zum Patent angemeldete Komposition aus Polymilchsäure (PLA), Polybernsteinsäure (PBS), Terpen- und Kolophoniumharzen, natürlichen Wachsen und Zitronensäure-Derivaten eignet sich nicht nur für kurzlebige Produkte wie Einkaufstüten, Windeln oder Kartonagen. Auch in Schuhen, Textilien, Holz, Metall- oder Möbelteilen sowie Büchern können Klebeverbindungen dank der Neuentwicklung aus Thüringen künftig bioabbaubar sein.

www.titk.de

 

Der 2. Preis

wird der Green Elephant GmbH aus Gießen zugesprochen für CellScrew® - einen neuartigen Bioreaktor zur Vermehrung adhärenter (also an Oberflächen wachsender) Zellkulturen. Denn mit dieser Innovation wird die Bereitstellung lebenden Gewebes beispielsweise für Gen- und Zelltherapien oder für die Erforschung von Kosmetika und Medikamenten nicht nur bedeutend effizienter. Green-Elephant-Kunden können damit obendrein ihre Klimabilanz für Einweg-Labormaterial um bis zu 90 Prozent verbessern! Fakt ist: neben lebensrettenden und für die Forschung unverzichtbaren Zellen produzieren Labore rund um den Globus mittlerweile auch etwa zehn Millionen Tonnen Plastikmüll pro Jahr, Tendenz stark steigend. Das Team um die Green-Elephant-Gründer Felix Wollenhaupt und Joel Eichmann setzt diesem Trend mit CellScrew® nun ihre revolutionäre Technologie entgegen. Im Gegensatz zu den bisher überwiegend aus erdölbasiertem Polystyrol gefertigten Zellkulturflaschen besteht CellScrew® aus vollständig biobasiertem PLA (Polylactid). Darüber hinaus ersetzt ein CellScrew®-System bis zu 450 übliche Zellkulturflaschen. Möglich wird dies durch ein ausgeklügeltes Design, das auch das Handling im Labor radikal vereinfacht: Eine archimedische Schraube in der Flasche sorgt im Zusammenspiel mit konzentrischen Zylindern bei rollender Lagerung nicht nur für einen kontinuierlichen Transport des Zellkulturmediums, sondern erzeugt auch eine im Vergleich zu bisherigen Systemen riesige interne Oberfläche – bei 80 Prozent weniger Materialeinsatz.
Begeistert hat die Jury besonders die Konsequenz, mit der sich die Gießener Start-up-Gründer, die als Quereinsteiger zu Kunststoffverarbeitern wurden, die Vorzüge des Werkstoffes zunutze machen. Die hohe Biokompatibilität von PLA gehört dazu ebenso wie die Tatsache, dass sich das Material hervorragend im 3D-Druck verarbeiten lässt. Und wenn CellScrew® nach der Einmalverwendung wie konventionelle Zellkulturflaschen aus Sterilitätsgründen nicht recycelt oder kompostiert, sondern verbrannt werden, spielt das biobasierte Material einen weiteren Vorzug aus: Anders als bei fossilen Werkstoffen wird dabei kaum mehr Treibhausgas freigesetzt, als die Pflanzen, die als Rohstoffe dienten, unserer heutigen Atmosphäre zuvor entnommen haben.
www.greenelephantbiotech.com

 

Der. 3. Preis

geht an die SoBiCo GmbH aus Bad Sobernheim (Rheinland-Pfalz) für ihre Innovation Plactid®. Die Marke steht für einen wegweisenden Ansatz, um dem weltweit populären Biokunststoff Polymilchsäure (PLA) zahlreiche neue Einsatzfelder zu eröffnen. Vor allem die relativ geringe Bruchdehnung, begrenzte Schlagzähigkeit und die milchige Optik schränken das Einsatzspektrum von PLA bislang ein. Klassische Modifikationsversuche scheitern oft an dem komplexen Migrations- und Kristallisationsverhalten von Weichmachern und anderen Additiven in PLA. Das Team um SoBiCo-Geschäftsführer Johannes Fuchs suchte deshalb nach grundlegend anderen Lösungen. So entstand gemeinsam mit dem Potsdamer Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) das Konzept für Plactid®: eine PLA-Copolymer-Familie, die in einem neuartigen Verfahren – der reaktiven Compoundierung – hergestellt wird. Neben biobasiertem Lactid kommen dabei verschiedene Polyole zum Einsatz, die je nach Anwendungsfall aus biologischen oder fossilen Quellen stammen können. Die PLA-Copolymere lassen sich gezielt von hart/ spröde bis weich/ duktil einstellen, in vielen Fällen unter Erhalt der Bioabbaubarkeit. So werden zum Beispiel weiche Folien von hoher Kristallinität möglich. Aber auch Spritzgusstypen mit einer deutlich höheren Kristallisationsgeschwindigkeit und Schlagzähigkeit als Standard-PLA können erzeugt werden. Darüber hinaus eignen sich die PLA-Copolymere auch als Additive zur Modifizierung von Standard-PLA. Neben diesen zukunftsweisenden Ergebnissen würdigt die Jury mit dem Preis ebenso die Ausdauer des SoBiCo-Teams, das bis zur Produktreife sieben Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit investierte.
www.sobico.de

Die Jury

Der Jury des BIOPOLYMER Innovation Awards gehörten in diesem Jahr an (in alphabetischer Reihenfolge der Nachnamen):

Dr. Martin Bussmann, Manager Renewable Polymers and Chemicals, Neste Germany GmbH, Düsseldorf.
Simone Fischer, Redakteurin des Fachmagazins „Plastverarbeiter“, Hüthig GmbH, Heidelberg
Dr.-Ing. Patrick Hirsch, Experte für Biokunststoffe am Fraunhofer Institut für Werkstoffe und Systeme (IMWS), Halle (Saale).
Peter Putsch, Vorstand der POLYKUM e. V. – Fördergemeinschaft für Polymerentwicklung und Kunststofftechnik in Mitteldeutschland, Merseburg.
Michael Walter, Business Development Manager, Hexpol TPE GmbH, Lichtenfels

Erleben Sie die Preisverleihung auf Video!