Merseburg, 14. Oktober 2022. Für die Produktion und Verarbeitung von Kunststoffen ist Wärme unabdingbar. „Die Bestandteile des Materials müssen vor dem Compoundieren aufgeschmolzen und auf jeden Fall gut miteinander vermengt werden. Dafür wird zum Teil Wärme zugeführt, zum Teil aber auch bei den mechanischen Prozessen wie zum Beispiel dem Kneten erzeugt“, erklärt Compoundeur Peter Putsch von der Merseburger Exipnos GmbH: „In einem Extruder herrschen gewöhnlich Temperaturen um 250 Grad Celsius.“
Nach der Herstellung werden die von der Maschine erzeugten Kunststoffstränge zum Abkühlen durch ein Bad gezogen. Das darin enthaltene Wasser muss laufend gekühlt werden. „Bislang regulieren wir die Temperatur mit Hilfe einer Kompressorkühlanlage“, erklärt Putsch den in der Branche üblichen Modus operandi.
Die Energiekrise und ein indischer Techniker brachten den Unternehmer, der auch geschäftsführender Vorstand von POLYKUM ist, im Sommer auf die Idee, die Produktionswärme nicht länger als Abfallprodukt, sondern als Ressource zu sehen. Bei einer Vortragsreise auf den Subkontinent entwarf der im In- und Ausland gefragte deutsche Biopolymerexperte mit dem Mechaniker aus Mumbai bei einem Feierabendgespräch erste Ansätze, wie die überschüssige Energie aus seiner Werkhalle sinnvoll genutzt werden könnte. Anfang Oktober setzte Putsch den nach seiner Rückkehr weiter präzisierten Plan mit einem Heizungsinstallateur und einem Elektriker in seinem Merseburger Betrieb um.
Heizen mit Abwärme aus der Kunststoffproduktion
„Wir schufen einen zusätzlichen Kühlkreislauf, der einen Wärmetauscher im Heizungsraum mit einem zweiten in der Produktionshalle verbindet“, beschreibt Putsch das überraschend simple Konzept (siehe Skizze). Dem Wasserbad an der Fertigungsstrecke könne auf diese Weise Wärme entzogen und dem Heizungssystem im Bürotrakt zugeführt werden. „Eine Steuerung sorgt dafür, dass der Kühlkreislauf startet, sobald das Wasserbad eine bestimmte Temperatur überschreitet“, fügt der Firmeninhaber hinzu.
Erste Tests an kühlen Herbsttagen zeigten: „Es funktioniert exzellent“, schwärmt Putsch. „Wir konnten die Kompressorkühlanlage komplett ausschalten.“ Allein das spare der 15 Mitarbeiter zählenden Firma im Durchschnitt Stromkosten von 600 Euro pro Monat! Weil außerdem die Heizungstherme weniger, an milderen Tagen überhaupt nicht mehr anspringen müsse, rechnet der Firmenchef mit zusätzlichen 150 Euro an Einsparungen bei den Heizkosten. „Kalkuliert wohlgemerkt auf Basis der nach heutigen Maßstäben relativ moderaten Preise, die wir uns vor der Krise durch langlaufende Verträge gesichert haben“, wie der Wahl-Merseburger unterstreicht.
Ein weiterer Vorteil: "So schnell und einfach, wie das Wärmetauschsystem installiert war, lässt es sich auch wieder zurückbauen", versichert Putsch. Das sei Bedingung für die Investition gewesen, "da Exipnos nicht Eigentümer, sondern Mieter des Firmengebäudes ist".
Die Investition war demgegenüber überschaubar: „Steuerung, Wärmetauscher, Ventil, Pumpe, Schläuche und Zubehör haben uns etwa 500 Euro gekostet“, rechnet Putsch vor, „dazu kamen jeweils rund 500 Euro für den Heizungsfachmann und den Elektriker.“ Macht zusammen ungefähr 1.500 Euro, die sich nach Putschs Prognose in der kühlen Jahreszeit „in weniger als zwei Monaten amortisieren“ dürften. Es gebe nicht viele Investitionen, bei denen das so leicht gelinge.